Navigieren Sie durch die Herausforderungen des technologischen Wandels, gesellschaftlicher Veränderungen und neuer Gesetzgebungen
Die sich stetig wandelnden Rahmenbedingungen stellen Betriebe vor immer neue Herausforderungen – dies gilt auch für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Es gilt, neue potenzielle Gefährdungen frühzeitig zu erkennen und unter realen Betriebsbedingungen zu analysieren. Unser oberstes Ziel ist es, praktikable Lösungen zu entwickeln, die den spezifischen Risiken der jeweiligen Branche gerecht werden und zugleich wirtschaftlich vertretbar sind.
Unser Engagement im Bereich Prävention
Unsere Expertinnen und Experten, modern ausgestattete Labore und die enge Zusammenarbeit mit externen Instituten unterstützen die anwendungsorientierte Forschung maßgeblich. Diese Forschung trägt wesentlich dazu bei, das Risiko von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu minimieren. Fundiertes Branchenwissen und der aktuelle Stand von Wissenschaft und Technik bilden dabei die Basis unserer interdisziplinären Ansätze zur Entwicklung praktikabler Lösungen, die ungewollte Problemverlagerungen vermeiden.
Erfolgreiche Zusammenarbeit
Viele unserer Forschungsprojekte führen wir in Kooperation mit der Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin (FSA) e.V. durch, die von der BGN mitgegründet wurde. Die FSA kann bereits auf eine 30-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken.
Grundlagenforschung
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Die BGN hat in Kooperation mit der Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin e.V. (FSA e.V.) ein optoelektronisches Staubkonzentrationsmessgerät entwickelt, das die Messung von Staubkonzentrationen im Bereich von 1 g/m³ bis ca. 1000 g/m³ in Echtzeit ermöglicht. Es handelt sich bis heute um das einzige verfügbare Messgerät für explosionsfähige Staubkonzentrationen. Die neueste Entwicklungsstufe erfüllt die Anforderungen der europäischen „ATEX“-Richtlinie 2014/34/EU (siehe Foto). Es kann somit auch in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, die Zone 20 entsprechend der Gefahrstoffverordnung angehören.
Mit Hilfe des Messgerätes kann in Räumen, Anlagen oder Maschinen festgestellt werden, ob und unter welchen Betriebsbedingungen tatsächlich explosionsgefährliche Staub-Luft-Gemische auftreten können. Messungen wurden bereits in Silozellen, Filteranlagen, Rohrleitungen, Mischern, Mühlen und in zahlreichen anderen Anlagenbereichen erfolgreich durchgeführt.

Auf der Grundlage umfangreicher Messdaten wird ein Modell entwickelt, das die Berechnung der räumlichen und zeitlichen Verteilung der Staubkonzentration und der Turbulenzintensität in Silos und Behältern während der Befüllung ermöglicht. Die resultierenden Staubwolken lassen sich mit Hilfe dieses Modells für verschiedene Befüllungsverfahren und Silogeometrien computergestützt simulieren und auswerten (Siehe Grafik, die eine Momentaufnahme aus der Computersimulation einer entstehenden Staubwolke (Maisstärke) unmittelbar nach Beginn der pneumatischen Silobefüllung zeigt.).
Hierdurch wird eine risikobezogene Auslegung konstruktiver Schutzmaßnahmen ermöglicht, um die gefährlichen Auswirkungen einer möglichen Staubexplosion auf ein akzeptables Maß zu begrenzen. Gegenüber einer konservativen Worst-Case-Betrachtung lassen sich im Anlagenbau dadurch erhebliche Kosten aufgrund zu hoher Anforderungen einsparen.

Das Programm-Paket „ExProtect“ bietet die Möglichkeit, verschiedene sicherheitsrelevante Berechnungen für den Staubexplosionsschutz durchzuführen. Dabei geht es zum Beispiel um die Fragestellungen, wie stark Scharniere von Explosionsklappen auszulegen sind, welche Entlastungsfähigkeit eine Explosionsklappe besitzt, wie groß Entlastungsflächen von Behältern und Silos bei verschiedenen Betriebszuständen sein müssen, wie Entlastungsflächen an Elevatoren auszulegen sind oder welchem Explosionsdruck ein Behälter standhalten kann (Siehe Grafik, die ein Eingabefenster der Software ExProtect® am Beispiel der Berechnung von Druck-entlastungsflächen für Becherelevatoren zeigt.).

Bei der Befüllung von Silos mit feinstaubhaltigen stückigen Schüttgütern, z. B. Pellets oder Getreide, muss mit dem Auftreten explosionsfähiger Staub-Luft-Gemische gerechnet werden. Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung wird in diesem Fall im Allgemeinen die konservative Annahme getroffen, dass eine explosionsgefährliche Atmosphäre während der Befüllung im gesamten Silo oder Behälter vorliegt. Die Zielsetzung des Projekts besteht darin auf der Grundlage von Messdaten belastbare Erkenntnisse über die realen Verhältnisse zu erhalten (siehe Grafik). Hierfür werden sowohl auf dem Versuchsfeld als auch in realen Industrieanlagen Messungen mit einem eigens entwickelten Messverfahren durchgeführt.
Die Messergebnisse ermöglich eine risikobezogene Auslegung der Schutzmaßnahmen gegen Staubexplosionen. Überzogene Anforderungen mit entsprechend hohen Kosten können vermieden werden. In vielen Fällen wird es sogar möglich sein, auf konstruktive Schutzmaßnahmen verzichten zu können.
Grafik: Maximale gemessene Staubkonzentrationen in einem Silo bei Befüllung mit
a) Holzpellets mit 1% Feinstaubanteil (linke Bildhälfte)
b) Holzpellets mit 30 % Feinstaubanteil (rechte Bildhälfte)

Bei Transport, Lagerung und Verarbeitung brennbarer Schüttgüter besteht die Gefahr von Staubexplosionen. Um in diesem Falle die Flammenübertragung in angeschlossene Anlagenbereiche mit dem Risiko schwerer Sekundärexplosionen zu verhindern, müssen explosionstechnische Entkopplungsmaßnahmen ergriffen werden. Hierfür werden zum Beispiel Schnellschlussschieber, Explosionsschutzventile oder Löschmittelsperren in die verbindenden Rohrleitungen eingebaut, die durch Detektionssysteme aktiviert werden.
Die BGN / FSA hat als kostengünstige Alternative eine verfahrenstechnische Schutzmaßnahme entwickelt. Hierfür wurde eine häufig verwendete mechanische Fördereinrichtung technisch so modifiziert, dass sie im Zusammenwirken mit dem geförderten Schüttgut gleichzeitig als explosionstechnische Entkopplungsmaßnahme dient. Der Einbau zusätzlicher Explosions-Entkopplungseinrichtungen ist in diesem Falle nicht mehr erforderlich.
Das Prinzip beruht auf der Verwendung eines Rohrschneckenförderers, bei dem mittig 1,5 bis 2 Wendelgänge aus der Förderschnecke entfernt werden. Im normalen Förderzustand wirft sich das Schüttgut an dieser Stelle derart auf, dass der gesamte Rohrquerschnitt wie durch einen Pfropfen verschlossen wird. Da die Pfropfenlänge jedoch nur 1,5 bis 2 Wendelgänge beträgt, wird die normale Förderung dadurch nicht beeinträchtigt. Das Funktionsprinzip ist in der Grafik dargestellt.
Diese verfahrenstechnische Explosionsschutzmaßnahme kann angewandt werden, wenn es sich um tendenziell schwer fließende Schüttgüter handelt. Dies ist in vorliegender Anwendung dann der Fall, wenn der dimensionslose Fließfähigkeitsfaktor ffc < 5 beträgt. Zu solchen Schüttgütern zählen zum Beispiel Puderzucker, Mehle, Cellulose oder Milchpulver.
Weitere technische Anforderungen an derart modifizierte Rohrschneckenförderer, die sich für die Explosions-Entkopplung eignen, können dem Abschlussbericht des Forschungsprojekts entnommen werden (Link zum Abschlussbericht auf der FSA-Homepage). Ein „Technical Report“ befindet sich im europäischen Normungskommittee CEN TC 305 WG 3 in Vorbereitung.
Angewandte Forschung
Wissenschaftliche Studie zur Erfassung der Allergiehäufigkeit auf Nahrungsmittel (laufend)
In der KOALA-Studie soll erstmals systematisch untersucht werden, wie häufig Nahrungsmittelallergien im Kochberuf vorkommen und wen sie am häufigsten betreffen.
weiterlesenIn praxisbezogenen Projekten will die BGN Erkenntnisse über die typischen Gefährdungen, Probleme und Bedarfe der versicherten Branchen erhalten. Die Ergebnisse fließen in passgenaue Arbeitsschutzangebote und -dienstleistungen ein, die sowohl den teilnehmenden Betrieben als auch anderen Betrieben derselben Branche zugute kommen.
Für die Projekte benötigt die BGN Betriebe, die Einblick in die betriebliche Arbeit gewähren. Die Teilnahme an einem Modellprojekt wird im Bonusblock C des Prämienverfahrens mit 10 Prämienpunkten belohnt.
Modellprojekte mit Forschungs-Schwerpunkt:
Ermittlung der Mehlstaubexposition in Betrieben mit guter handwerklicher Praxis (EGU)
Gefahren durch Kohlenmonoxid bei der Lagerung und Nutzung von Holzpellets
Mikrobiologische Routineanalysen in der Betriebs- und Versichertenberatung bei Hauterkrankungen
Referenzstichproben zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
Befragungen
Umfrage unter Versicherten (2024) – abgeschlossen
Bereits heute sind die Auswirkungen des Klimawandels in vielen Bereichen spürbar. Auch die Arbeitswelt ist hiervon nicht ausgenommen. 1.635 Beschäftigte aus Mitgliedsbetrieben der BGN haben 2024 an einer Befragung der BGN teilgenommen. Die Schwerpunkte der Umfrage lagen auf den Fragen wieweit sich versicherte Betriebe bereits mit den Themen Klimawandel und erneuerbare Energien beschäftigen, welche Risiken und Chancen sie für ein sicheres und gesundheitsgerechtes Arbeiten sehen und welche Konsequenzen sie bereits daraus gezogen haben. Zudem wurde nach dem Unterstützungsbedarf seitens der BGN gefragt.
weiterlesenUmfrage unter Mitgliedsbetrieben (2024) – abgeschlossen
Industrie 4.0 und Arbeiten 4.0 sind seit Jahren in aller Munde. Die BGN erforscht, wie sich die Arbeitswelt durch die vierte industrielle Revolution verändert. Bereits 2017 befragte sie knapp 300 Fachkräfte für Arbeitssicherheit über den Stand der Industrie-4.0-Technologien und deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt in den Mitgliedsbetrieben. Sieben Jahre später, Anfang 2024, wiederholte die BGN diese Befragung. An der aktuellen Onlineerhebung nahmen 496 Personen teil, darunter 179 Fachkräfte für Arbeitssicherheit.
weiterlesenWissenschaftliche Publikationen
Gesundheitsgerechte Dienstleistungsarbeit
Im Rahmen des Projekts „Innovation und demografischer Wandel im Gaststätten- und Hotelgewerbe“ (Indigho) wurden konkrete Handlungshilfen für Unternehmer und Beschäftigte entwickelt, zum Beispiel ein Seminar und eine App für Azubis.
Der wissenschaftliche Abschlussbericht ist unter dem Titel „Gesundheitsgerechte Dienstleistungsarbeit: Diskontinuierliche Erwerbsverläufe als Herausforderung für Arbeitsgestaltung und Kompetenzentwicklung im Gastgewerbe“ im Springer Verlag erschienen.
Mitwirkende Autorinnen und Autoren der BGN: Constanze Nordbrock, Robert Hemke-Smith, Florian Elsässer, Stefan Keller, Roger Giegrich
zur PublikationErgebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) aus arbeitsmedizinischer Sicht
Artikel erschienen im Allergo Journal, Ausgabe 4/2024
Verfasst von: Dr. Roger Kühn, Tatjana Steen, Frank Schneider, Ulrike Stark (alle BGN), Roma Thamm (RKI), Roman Pokora (BGN)
Die „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS) ist eine vom Robert Koch-Institut seit 2008 durchgeführte, repräsentative Datenerhebung zum Gesundheitszustand der in Deutschland lebenden Erwachsenen. Sie zählt zu den weltweit größten, umfangreichsten und hochwertigsten Gesundheitsmonitoring-Studien.
Die vorliegende Veröffentlichung zur Sensibilisierung gegen Weizen- und Roggenmehl basiert auf thematisch ausgewählten Daten der DEGS1-Studie, die der BGN auf Antrag vom RKI zur Verfügung gestellt wurden. Sie untersucht u.a. spezifische IgEAntiköper (sIgE) im Blut (Sensibilisierung) auf Roggen- und Weizenmehl sowie auf 50 weitere Allergene.
zur Publikation