Zusätzlich zu Ihren Arbeitstechniken gibt es noch weitere Möglichkeiten, Mehlstaub vorzubeugen. Es existiert eine Vielzahl von Produkten verschiedener Hersteller, die in der Backstube eingesetzt werden können, um die Entstehung von Mehlstaub zu reduzieren.
Eine Lösung des Problems sind speziell zu diesem Zweck entwickelte staubarme Trennmehle. Diese vereinen verschiedene Eigenschaften in sich, je nach Produkt: hohe Trennwirkung bei geringem Materialeinsatz, geringe Staubungsneigung.
Die jüngste Entwicklung auf diesem Gebiet sind die hydrothermisch, modifizierten Getreidemehle (HT-Mehle). Diese Produkte sind nur mit Wasser und Wärme modifiziert und enthalten keine weiteren Zusätze (clean-label Produkte).
Bereits seit längerer Zeit erhältlich sind Getreidemehle (Weizen und Roggen), die mit Hilfe von Öl gecoatet (ummantelt) sind. Das Öl beschwert sozusagen die Feinanteile des Mehls, die somit schneller sedimentieren und nicht eingeatmet werden.
Trennmehl wird in der Backstube an allen Stellen benötigt, an denen Teig mit Oberflächen in Kontakt kommt:
beim Herausnehmen von Teig aus dem Knetbottich
Arbeitsflächen
Gargutträger
die Hände des Bäckers selbst, etc.
Alternativ kann zum Trennen auch Wasser oder Öl, sowie Gries, Dunst oder Kleie verwendet werden. Gängigstes Trennmittel ist Backmehl selbst, da es ohne organisatorischen Aufwand ohnehin in der Backstube zur Verfügung steht. Mehl ist leicht handhabbar hat aber den Nachteil, dass Mehlstaub die Atemluft der Beschäftigten belastet und zu Atemwegserkrankungen führen kann. Darüber hinaus sedimentiert Mehlstaub auf Maschinen, Geräten und sonstigen Einrichtungsgegenständen. Das führt zu einem höheren Reinigungsaufwand und kann den Verschleiß von Maschinen forcieren.
Durch die hydrothermische Behandlung wird eine Reduktion des Feinstaubanteils erzielt. Dies belegen die Partikelgrößenverteilungen und rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von Dr. Christine Dannenbaum. Kleine Mehlkörperbruchstücke wie einzelne Stärkekörner und Kleberproteinmatrixfragmente ballen sich durch die Behandlung zu größeren Verbänden (Agglomeraten) zusammen und werden durch die Wärmebehandlung stabilisiert. Der Anteil an Feinstaubteilchen (Teilchengröße < 5 µm = Mikrometer) ist durch die Agglomeration nahezu verschwunden. Die Partikelgrößenverteilung der HT-Trennmehle verschiebt sich nach rechts in den größeren, gröberen Partikelbereich. Solche Mehlteilchen sinken viel schneller zu Boden und gelangen somit erst gar nicht in den Atembereich der Beschäftigten.
Durch die hydrothermische Behandlung scheinen sich auch die Oberflächeneigenschaften der Mehlpartikel zu verändern. Eine leichte Verkleisterung/Vernetzung der Stärkekörner mit den Kleberproteinfragmenten macht die Oberfläche dieser Teilchenverbände mehr wasserabweisend als zuvor. Dies wird auch von den Anwendern bestätigt, die über eine geringere Haftung von hydrothermisch behandeltem Mehl auf der Haut berichten. Ein weiterer Aspekt könnte auch die Reduktion der allergenen Eigenschaften der Mehlpartikel sein, da die allergieauslösenden Proteine, die bisher an der Oberfläche saßen, durch die Verkleisterung/ Vernetzung weniger gut ihre Wirkung entfalten können.
Aufgrund der hydrothermischen Behandlung sind solche Mehle nur noch bedingt backfähig. Sie sind ausschließlich als Trennmehl vorgesehen.
Quelle: C. Dannenbaum: Präventionsmaßnahmen zur Mehlstaub-Reduktion in Backbetrieben: Backmehle im Vergleich zu öl- sowie hydrothermisch bandelten Trennmehlen; Tagungsband 20. Erfurter Tage Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen S.51-70, BGN 2014; Verlag Bussert & Stadeler
Aufgrund der unterschiedlichen Rezepturen, Arbeitstechniken und Kundenvorlieben muss jede Bäckerei duch Ausprobieren für sich selbst herausfinden, welches Produkt am besten für sie geeignet ist.
Die vorliegende Liste enthält die Produkte, die der BGN bekannt sind. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Angaben zu den Produkten beruhen auf den Angaben der Hersteller und wurden von der BGN nicht im Einzelnen geprüft. Sollten Ihnen vergleichbare Produkte bekannt sein oder sollten Sie selbst Hersteller solcher Produkte sein, so bitten wir Sie um einen entsprechenden Hinweis an die E-Mail peter.rietschel@bgn.de.
Liste Anbieter (PDF-Datei)Gärgutträger, die mit konventionellen Stofftüchern belegt sind, können Schimmel ansetzen und es werden üblicherweise Trennmittel verwendet, um ein Verkleben der Teiglinge zu verhindern. Dadurch kann die Atemluft durch Mehlstaub und Schimmelpilze belastet werden. Generell sind die Gärgutträger luftig und trocken zu lagern und rechtzeitig zu wechseln. Damit die Tücher optimal trocknen, sollen die Gärgutträger vor dem Trocknen gedreht werden. Bewährt hat sich auch die thermische Behandlung der Gärgutträger z. B. im Backofen unter Ausnutzung der Restwärme über ca. 80 °C.
Alternativ können Einwegtücher aus Kunststoff oder Papier verwendet werden, die sehr leicht gewechselt werden können, dies sollte rechtzeitig erfolgen, noch bevor es zu einem sichtbaren Schimmelpilzwachstum kommt.
Spezielle Tücher mit behandelter Oberfläche, die ein Anhaften der Teige verhindern und das mikrobiologische Wachstum verzögern, sind eine weitere Möglichkeit, die Belastungen durch Trennmittel und Schimmel zu verringern.
Alternativ können Dielen aus Kunststoff mit einer speziellen Oberflächenstruktur (Mikrosäulen- Raster oder Mikrofaser-Oberfläche mit Mikrofilamenten) verwendet werden. Die speziellen Oberflächen verhindern ein Anhaften der Teige. Die Dielen können in der Spülmaschine gereinigt werden und benötigen keine Auflagen mehr. Sie lassen sich leichter und gründlicher reinigen und sind unter hygienischen Gesichtspunkten betrachtet deshalb den Stoff- oder Einwegtüchern vorzuziehen.
Alle genannten Alternativen haben den Vorteil, dass auf den Einsatz von Trennmittel weitgehend verzichtet werden kann. Welche Gärgutträger für Ihren Betrieb am besten geeignet sind, sollten Sie in Praxis-Versuchen ermitteln.
Dies gilt auch für Gärkörbchen. Um Gärkörbchen ggfs. ohne Trennmehl oder Stärke verwenden zu können, beachten Sie bitte die Gebrauchs- und Reinigungsanweisung der Hersteller. Diese geben wertvolle Tipps.
Hauptstaubquellen in der Backstube sind die Teigherstellung, die Teigaufarbeitung und die Reinigung. Sie können Maschinen z. T. ohne größeren Aufwand staubarm gestalten, wie Sie an den folgenden Beispielen sehen.
Maschine / Gerät | Problematik | Maßnahmen |
---|---|---|
Silowaage | Material und Länge des Füllschlauch | Segeltuchartige oder regenschirmartige Textilien verwenden anstelle Textilien mit rauen Oberflächen wie Baumwollfilz. Ausreichende Dimensionierung des Füllschlauchs, d.h. der Füllschlauch soll bis zum Boden des Knetbottichs reichen (Verringerung der Fallhöhe). |
Silowaage mit Überdrucksystem | Filtertuch | Filtertuch regelmäßig reinigen und auf "Löcher" überprüfen und ggfs. erneuern. Anschaffung eines Filtersystems mit automatischer Abreinigung. Die Förderluft ist frei von Feinstaub. |
Knetmaschine | Unzureichend dichte Ausführung der Maschinen | Arbeitsöffnung zusätzlich abdecken. Kunststoffabdeckung für Hubkneter. |
Ausrollmaschine | Handwurf beim Bestauben | Ausrollmaschinen mit automatischem Mehlstreuer oder staubarme Trennmehle verwenden. |
Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) nach der Gefahrstoffverordnung
Backbetriebe können beim BGN-Prämienverfahren unter der Rubrik „Modellprojekte“ an einer Mehlstaubmessung für das Projekt „EGU Mehlstaub“ teilnehmen. Kernstück der EGU sind Mehlstaubmesswerte aus Bäckereien, in denen die genannten Basismaßnahmen zur Mehlstaubreduktion weitestgehend erfüllt sind. Somit wird die Wirksamkeit der Maßnahmen belegt.
An einer Mehlstaubmessung für das Projekt „EGU Mehlstaub“ können Backbetriebe aus dem handwerklichen Bereich teilnehmen. Voraussetzung für die Teilnahme ist die weitestgehende Umsetzung der Basismaßnahmen. Darunter verstehen wir beispielsweise die überwiegende Verwendung von HT-Trennmehl, insbesondere bei der manuellen Teigaufarbeitung. Erfüllen Sie bzw. Ihr Betrieb die Voraussetzungen und nehmen an der Messung teil, können Sie 10 Prämienpunkte erhalten.
Das erwartet Sie:
Personengetragene Mehlstaub-Messungen bei bis zu zwei Mitarbeitenden.
Ein ortsfester Messpunkt an den Knetmaschinen.
Die Messungen finden schichtbegleitend ohne Einschränkung des Betriebsablaufs für eine Dauer von ca. 4 bis 6 Stunden statt.
Ihre Vorteile:
Sie sehen, wo Sie beim Thema Mehlstaub stehen und erhalten einen Messbericht.
Sie tragen zur Etablierung der Maßnahmen nach dem Gefahrstoffrecht bei. Das ist positiv für die gesamte Branche.
Für die teilnehmenden Mitarbeitenden: 50 Euro Aufwandsentschädigung für die personengetragene Messung.