Die Arbeitswelt 4.0 betrifft nicht nur die technischen Entwicklungen, sondern hat auch Einfluss auf die Arbeitswelt der Beschäftigten - auf die Art und Weise, wie, wo und womit gearbeitet wird. Diese Auswirkungen werden auch unter dem Begriff "Arbeiten 4.0" zusammengefasst.
Wie sieht das Arbeiten 4.0 in den Branchen der BGN aus? Die BGN hat dazu im Frühjahr 2021 eine Umfrage durchgeführt, an der 530 Beschäftigte teilnahmen. Hier beantworten wir häufig gestellte Fragen aus der Praxis zum Thema Arbeiten 4.0 anhand der Ergebnisse dieser Umfrage.
Tatsächlich berichten viele der Befragten davon, dieses Gefühl zu kennen: So geben rund 40 Prozent an, immer weniger Zeit zur Erledigung einer Arbeitsaufgabe zur Verfügung zu haben. Und: Je stärker die Arbeit verdichtet ist, desto weniger Zeit bleibt für Pausen.
Ein Merkmal der neuen digitalen Arbeitswelt ist die Schnelllebigkeit, die mit einer immer häufigeren Notwendigkeit des kurzfristigen und schnellen Wissens-Updates einhergeht. Im Einklang berichtet die Mehrheit der Befragten davon, dass sie sich immer häufiger mit neuen Arbeitsprozessen vertraut machen oder sich immer häufiger neues Wissen aneignen müssen.
Für ein Drittel der Befragten ist es dabei nicht mehr möglich, sich lediglich während der Arbeitszeit fortzubilden, sie müssen sich immer häufiger privat weiterbilden.
Die Schnelligkeit, in der arbeitsintensive Phasen aufeinander folgen, wird tatsächlich immer größer. Knapp die Hälfte der Beschäftigten ist der Meinung, dass die Zeitabstände zwischen arbeitsintensiven und entspannteren Phasen immer kürzer werden.
Ein herausragendes Merkmal der neuen Arbeitswelt ist die vermehrte Nutzung digitaler Medien und Produkte. Die Mehrheit der Beschäftigten erleben das auch in ihrem Arbeitsalltag und berichten, dass sie in den letzten Jahren immer mehr technisches Equipment (Smartphone, Tablet, Computer, Maschinen, etc.) bei der Arbeit verwenden müssen.
Daneben berichtet die Mehrheit der Befragten, dass sie in den letzten Jahren verstärkt spezifische Software erlernen und anwenden muss.
Tatsächlich geben gut 37 Prozent der befragten Beschäftigten an, dass Ihr Vorgesetzter erwartet, dass sie außerhalb der regulären Arbeitszeit erreichbar sind. Ein Drittel der Befragten sieht dabei keine Möglichkeit zu kontrollieren, ob sie nach der regulären Arbeitszeit noch arbeitsbezogen kontaktiert werden oder nicht.
Die Erwartungshaltung der Vorgesetzten kommt dabei nicht von ungefähr, sondern es besteht ein starker Zusammenhang mit der Unternehmenskultur. Je eher im Betrieb die Meinung herrscht ‚Wer etwas werden will, muss erreichbar sein‘, desto eher denken Vorgesetzte auf die gleiche Weise.
Rund 64 Prozent der Befragten nehmen in ihrer Freizeit arbeitsbezogene Anrufe oder E-Mails auch entgegen. Beschäftigte, deren Vorgesetzte eine ständige Erreichbarkeit erwarten oder die in einer Führungsposition sind, geben dabei verstärkt an, auch in Ihrer Freizeit zu arbeiten. Ob die Befragten im Homeoffice arbeiten oder im Außendienst tätig sind, hat dagegen keinen Einfluss.
Das hat nicht zuletzt Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten. So geht die ständige Erreichbarkeit mit einer verstärkten Schwierigkeit einher, nach der Arbeit abzuschalten und vermindert auf diese Weise die Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance. Auch ist der Erreichbarkeitsanspruch von Vorgesetzten an ihre Mitarbeiter häufig Ausdruck einer ähnlich gestalteten Unternehmenskultur. Beschäftigte, die in solchen Betrieben arbeiten, neigen allerdings nicht nur dazu, auch in ihrer Freizeit erreichbar zu sein, sie arbeiten häufiger auch von sich aus in ihrem Feierabend oder im Krankenstand und verzichten häufiger auf Pausen.
Durch die zunehmende Digitalisierung, das heißt durch die Verwendung digitaler Produkte, Medien und Kommunikationsmittel, wird es möglich, Arbeit von anderen Orten als der zentralen Betriebsstätte auszuführen. Häufig verlagert sich das Arbeiten dabei vom Büro vor Ort in das Büro daheim; dem so genannten Homeoffice. Arbeiten im Homeoffice erhielt vor allem durch die Corona-Pandemie einen Aufschwung – auch in den Branchen der BGN: Der Anteil der Beschäftigten, die mehrmals die Woche daheim arbeiten, hat sich verdreifacht (von 7% auf 22%).
Knapp ein Viertel der Befragten sieht im Homeoffice eher Vorteile, leicht weniger (19%) sehen eher Nachteile, für rund die Hälfte hält sich beides die Waage.
Viele Beschäftigte sehen die im Homeoffice standardmäßige Kommunikation über digitale Wege recht positiv: Knapp die Hälfte ist der Ansicht, dass virtuelle Meetings ein adäquater Ersatz seien, etwas mehr als ein Drittel ist eher zurückhaltend. Dennoch finden es viele Beschäftigte schwieriger, sich in virtuellen Meetings auf das Gesagte zu konzentrieren, Fragen zu stellen oder über Sachverhalte zu diskutieren.
Wenn die Möglichkeit zur direkten Kommunikation zwischen Beschäftigten vor Ort fehlt, kann nicht nur auf virtuelle Meetings zurückgegriffen werden – Kommunikation findet häufig auch über soziale Messenger statt. Bei 6 % der Befragten werden solche sozialen Messenger, z. B. WhatsApp, erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie zur Kommunikation eingesetzt, in 60 % der Fälle wurde dieser Kommunikationskanal bereits vor Corona verwendet.
Interessanterweise kommunizieren Beschäftigte, in deren Betrieb soziale Messenger eingesetzt werden, aber nicht häufiger mit ihren Kollegen als Beschäftigte, die nicht auf soziale Messenger zurückgreifen können.
Zukünftig möchten die meisten Befragten, die derzeit bereits daheim arbeiten, gerne mehrmals die Woche von zuhause arbeiten (35%), tägliches Homeoffice wünschen nur 5 Prozent. 15 Prozent dagegen möchten lieber im Büro arbeiten, v.a. wenn sie Führungsverantwortung haben.
Die drei häufigsten Gründe, die für die Befragten gegen das Arbeiten von zuhause sprechen, sind:
- Ungeeignete Tätigkeit
- Kein Zugriff daheim auf wichtige Dokumente oder Informationen, die für die Arbeit benötigt werden
- Besserer Kontakt zu Kollegen vor Ort
Tatsächlich wird der Arbeitsschutz im Homeoffice häufig noch zu kurz gedacht. Knapp ein Viertel der im Homeoffice Arbeitenden besitzen beispielsweise weder ein eigenes Arbeitszimmer noch einen eigenen Schreibtisch für die Arbeit. Der Rest hat zwar einen eigenen Arbeitsplatz, allerdings wurde einem Viertel davon nicht vermittelt, wie sie den Arbeitsplatz ergonomisch gestalten können. Nicht nur die Ergonomie leidet, auch ist die zur Verfügung gestellte Technik oft nicht zufriedenstellend, sodass die Arbeit weniger gut erledigt werden kann als im Büro. Darüber hinaus wurde die Hälfte der daheim Arbeitenden nicht mit Informationen darüber versorgt, wie das Arbeiten daheim gesundheitsgerecht gestaltet werden kann, also wie ein wirksames Zeitmanagement aussieht, welchen Stellenwert regelmäßige Pausen einnehmen oder wie man sich vor Ablenkungen schützt. Auf Dauer können Defizite in diesem Bereich allerdings zum Auftreten psychischer Probleme führen, beispielsweise Stresssymptomatiken oder Burn-Out.
Dass eine solche Aufklärung oft fehlt, zeigt sich auch an der geleisteten Arbeitszeit im Homeoffice: Knapp vier von zehn Befragten arbeiten im Homeoffice länger als im Büro. Dennoch ist der Anteil derer, die gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen und weniger als elf Stunden zwischen zwei Arbeitsschichten haben, sehr gering und nicht höher als bei Beschäftigten, die nie zuhause arbeiten. Auch sind Beschäftigte im Homeoffice nicht stärker von Erreichbarkeitsansprüchen durch den Vorgesetzten konfrontiert, sie beantworten auch nicht verstärkt außerdienstliche Anrufe oder E-Mails.
Vor allem die Corona-Pandemie hat die zeitliche Flexibilisierung vorangetrieben: 70 Prozent der Beschäftigten können flexibel arbeiten, rund 21% berichten davon, dass ihnen seit Corona mehr zeitliche Flexibilität eingeräumt wird als zuvor.