"...verlor aufgrund überhöhter Geschwindigkeit die Kontrolle über ihr Fahrzeug, geriet auf den Gehweg und erfasst dort einen 48-jährigen Fußgänger."
Mit Meldungen dieser Art werden wir fast täglich konfrontiert. Nicht angepasste Geschwindigkeit ist eine der häufigsten Unfallursachen und die Unfallfolgen sind oft besonders fatal.
Was aber ist die richtige Wahl der Geschwindigkeit? Was sagt das Verkehrsrecht? Was sagt die Eigenverantwortung? Wie können Unternehmen und Beschäftigte dazu beitragen, das Unfallrisiko "Geschwindigkeit" und die damit verbundenen Folgen so gering wie möglich zu halten?
Geschwindigkeitswahl
Zu schnelles Fahren bedeutet nicht zwangsläufig, dass dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wird. So kann unter bestimmten Umständen wie schlechte Sicht oder Witterungsverhältnisse, die normal zulässige Geschwindigkeit schon zu hoch sein. 2019 registrierte die Polizei in 41.173 Fällen nicht angepasste Geschwindigkeit als Ursache eines Unfalls mit Personenschaden. Lediglich 2.130 Mal überschritten die Fahrenden dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit (Quelle: Destatis).
Die StVO regelt im § 3 die rechtlichen Grundlagen für die Geschwindigkeitswahl im Straßenverkehr: "Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen."
Darüber hinaus darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der überschaubaren Strecke angehalten werden kann. Auf schmalen und unübersichtlichen Straßen muss sogar so langsam gefahren werden, dass innerhalb der halben Sichtweite das Anhalten gefahrlos möglich ist.
Dieser Grundsatz lässt klar erkennen, dass in vielen Verkehrssituationen auch eine gesetzlich erlaubte Geschwindigkeit nicht gefahren werden kann, ohne sich selbst oder andere in Gefahr zu bringen.
Ein Beispiel: Stellen Sie sich eine schmale, auf beiden Seiten dicht zugeparkte Stadtstraße vor. Selbst wenn innerorts die Geschwindigkeit von 50 km/h erlaubt ist, wären diese 50 km/h in solch einer unübersichtlichen Situation entschieden zu schnell – es können durchaus jeden Moment zu Fuß Gehende oder Kinder zwischen den parkenden Autos auf die Fahrbahn laufen! Der Anhalteweg aus 50 km/h beträgt, rein rechnerisch, 40 m. Durch eine, der Situation angepassten Geschwindigkeit von ca. 30 km/h, wäre das Anhalten innerhalb von 18 m möglich. Bei einer korrekt durchgeführten Gefahrbremsung können diese Strecken sogar halbiert werden. Das verdeutlicht, wie stark sich die gefahrene Geschwindigkeit auf den Anhalteweg auswirkt und das Unfallrisiko beeinflusst.
Mit Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs am 09.11.2021 wurden die Bußgelder bei Geschwindigkeitsüberschreitung angehoben.
Innerhalb geschlossener Ortschaften
Verstoß | Bußgeld / Geldstrafe | Punkte | Fahrverbot |
---|---|---|---|
bis 10 km/h | 30 € | ||
11 – 15 km/h | 50 € | ||
16 – 20 km/h | 70 € | ||
21 – 25 km/h | 115 € | 1 | 1 Monat* |
26 – 30 km/h | 180 € | 1 | 1 Monat |
31 – 40 km/h | 260 € | 2 | 1 Monat |
41 – 50 km/h | 400 € | 2 | 2 Monate |
51 – 60 km/h | 560 € | 2 | 2 Monate |
61 – 70 km/h | 700 € | 2 | 3 Monate |
über 70 km/h | 800 € | 2 | 3 Monate |
*Ein Fahrverbot gibt es in der Regel nur, wenn es zweimal innerhalb eines Jahres zu Überschreitungen der Geschwindigkeit von 26 km/h oder mehr kommt.
Außerhalb geschlossener Ortschaften
Verstoß | Bußgeld / Geldstrafe | Punkte | Fahrverbot |
---|---|---|---|
bis 10 km/h | 20 € | ||
11 – 15 km/h | 40 € | ||
16 – 20 km/h | 60 € | ||
21 – 25 km/h | 100 € | 1 | |
26 – 30 km/h | 150 € | 1 | 1 Monat* |
31 – 40 km/h | 200 € | 1 | 1 Monat* |
41 – 50 km/h | 320 € | 2 | 1 Monat |
51 – 60 km/h | 480 € | 2 | 1 Monat |
61 – 70 km/h | 600 € | 2 | 2 Monate |
über 70 km/h | 700 € | 2 | 3 Monate |
*Ein Fahrverbot gibt es in der Regel nur, wenn es zweimal innerhalb eines Jahres zu Überschreitungen der Geschwindigkeit von 26 km/h oder mehr kommt.
Die rechtlichen Folgen nicht angepasster Geschwindigkeit lassen sich klar definieren. Doch was können Unternehmen und Mitarbeiter tun, um über die Rechtsbestimmungen hinaus das Unfallrisiko durch nicht angepasste Geschwindigkeit zu verringern?
Fahrzeuge, die im Betrieb für Dienstwege oder Auslieferungsfahrten eingesetzt werden, unterliegen regelmäßigen Kontrollen. Diese Überprüfungen sind zum einem durch die UVV 70, zum anderen die turnusmäßigen Hauptuntersuchungs-Intervalle geregelt. Doch allein ein regelmäßig geprüftes, mit guten Sicherheitssystemen ausgestattetes Fahrzeug, kann keinen Schutz vor Unfällen bieten. Der Risikofaktor "Mensch" spielt bei der Teilnahme am Straßenverkehr nach wie vor die entscheidende Rolle. Schutz bietet in diesem Fall nur sicherheitsorientiertes Verhalten.
Sicherheitsgerecht verhalten können sich Beschäftigte allerdings nur dann, wenn sie wissen, wie – und wenn sie dieses Wissen anwenden können und wollen. Unterweisungen zum Thema Geschwindigkeit sollten die Beschäftigen motivieren, vorhandenes Wissen in die Praxis umzusetzen.
Über eine Betriebsvereinbarung kann im Unternehmen geregelt werden, wie im Fall von Regelübertretungen und Bußgeldbescheiden umgegangen wird. Hier sollte der Präventionsgedanke und die Sicherheit der Fahrenden im Vordergrund stehen. Erfahrungsgemäß ist häufig Zeitdruck der Auslöser für Geschwindigkeitsüberschreitungen bei Dienst- oder Auslieferungsfahrten. Dies liegt nicht nur im Verfügungsbereich des Mitarbeiters. Eine realistische Zeit- und Streckenplanung sorgt dafür, dass Zeitdruck so gering wie möglich gehalten wird und Fahrende einem geringeren Unfallrisiko aufgrund überhöhter Geschwindigkeit ausgesetzt sind.
Durch regelmäßige Sicherheitstrainings der Mitarbeitenden wird das Gefahrenbewusstsein der Mitarbeitenden geschult. Eco-Safety-Trainings zeigen, wie defensives und vorausschauendes Fahren dazu beitragen kann, mit angepasster Geschwindigkeit sicher und wirtschaftlich im Straßenverkehr unterwegs zu sein.